Bazar andalus

Monat: September 2017 (Seite 2 von 3)

Moschusduft (Ibn Quzman)

Dem Kelch will ich die Lippen küssen – den Moschusduft
In dieser Zeit wird jeder übermütig – der Frühlingsduft
Ich pflücke Rosen, schlürfe an deinem Mund – wie liebestoll
Die Nachtigall schwätzt wirr in ihrem Baum – so sehnsuchtsvoll

Lasst mich – mit meinem Kelch, bis ich – geheilt bin
Wer sagt:- „Trink und berausche Dich!“ – ist mein Freund
Doch wer sagt: „Reiß Dich zusammen“ – ist ein Schuft.
Der Mullah hängt – an meinem Bart und ruft – „Bereu!“
Doch ich bin bereit – den Weg der Wollust – zu gehen
Dem Kelch will ich die Lippen küssen – den Moschusduft

Würde doch – die Liebe und der Wein – ewig fließen!
Bist du da – strömen Sterne in mein Glas – mein Glas ist voll
Allah hilf – das die Geliebte – sich nie verschließe
wenn mein trockner Mund sie bittet – um einen Tropfen Wein.
In deinem schönen Mund – ist es Wasser? – ist es Wein?
Dem Kelch will ich die Lippen küssen – den Moschusduft

Zu Ende ist nun meines Liedes – so süßer Hauch.
Weit ist der Weg zu Dir Geliebte – ich breche auf
In der Luft liegt schwer der Moschusduft
ich breche auf, ich breche auf…


Ibn Quzman

Ibn Quzman (Cordoba 1080-1160) war der erste Dichter in al-Andalus, der nicht in Hocharabisch, sondern in der Sprache des Volkes dichtete. Er war nicht, wie die meisten Dichter und Künstler, abhängig von einem Kalifen, sondern zog in Cordoba von Kneipe zu Kneipe und unterhielt die Menschen ohne Schere im Kopf mit den Themen, die sie bewegten.

La´illaha il`allah/ Kyrie Eleyson

 – die Begegnung von Abendland und Morgenland

La´illaha il`allah (der Islam)
Es gibt keinen Gott außer Gott

Kyrie Eleyson, Kyrie Eleyson, Christe Eleyson (das Christentum)
Herr, erbarme dich! Christe, erbarme dich!

Karawane der Liebe (Ibn al-Arabi )

Es töten ihre Blicke, doch zum Leben erweckt ihr Wort,
als sei sie Jesus gleich.
Wie Thoratafeln glänzen ihre Schenkel,
ich lese und studiere sie wie Moses.
Christliche Bischöfin, doch ohne Schmuck,
verbreitet sie das Strahlen des Gesetzes.
Einsam und ohne Freunde nahm sie sich die entrückte Klause.
Sie übertrifft die Weisen unseres Glaubens,
die schriftgelehrten Juden und Prälaten.
Als ihr Kamel zur Reise drängte, rief ich:
Ihr Treiber! Niemals nehmt sie mit euch fort!

Du Schönheit! Anmut! Gebt mir Luft zum Atem!

Sie kreist umher in meinem Herzen Stunde um Stunde,
zur Liebe und zur Qual, und küsste mein ganzes Wesen.
Das wunderbarste sind verschleierte Gazellen;
es locken rotlackierte Finger, schöne Augen.
Ihr Weidengrund ist tief im Innern meiner Brust;
wie wundervoll: ein Garten zwischen Feuerflammen!
Mein Herz hat angenommen jegliche Gestalt:
für die Gazellen Weideplatz, für Mönche Kloster,
den Götzen Tempelbau, dem Pilgerkreis die Ka`ba, Schriftrollen für die Thora, das heilige Buch dem Koran. Dies ist der Ort: die Biegung in den Felsen; gib die Kamele frei, wir sind am Ziel!

Mein Glaube ist die Liebe:
Wo die Karawane auch hinziehen mag, ist Liebe meine Religion.

Genießt!- wie die Mädchen mit den vollen Brüsten,
und weidet – wie die flüchtigen Gazellen,
im Garten, wo die Fliegen tönend schwirren und Vögel freudig ihre Antwort flöten.
So lieblich der Ort, so zart sein Hauch!

Aus Adams Zeiten erzählt der Wein uns seine Geschichte vom Paradiesgarten.
Der süße Wein entfließt dem Mund der Schönen,
wie von den Mädchen Moschus zu uns strömt.
So lieblich der Ort, so zart sein Hauch!


Ibn al Arabi

Ibn al Arabi (1165 Murcia in al-Andalus – 1240 Damaskus in Syrien) ist der berühmteste Dichter und Philosoph der arabischen Welt. Für ihn war Liebe und Sexualität ein Gottesdienst und er sah Gott in allen Formen des Lebendigen (die Lehre von der „Einheit des Seins“- wahdat al-wudschūd), wofür er oft kritisiert und verboten wurde. Sein bekanntestes Gedicht „Dolmetscher der Sehnsüchte“ (der Text „Karawane der Liebe“ ist ein Ausschnitt davon) spricht über die vielen Erscheinungsformen des Göttlichen. Er widmete es seiner verehrten jungen Geliebten Nizami aus Mekka.

Berberblues: Hasbi rabbi Jelallah (trad. Sufisong)

Hasbi rabbi Jelallah
Mafi qualbi reirullaha
Nur- Muhammed Sallallah
Haqq` allah illaha il´ allah hu

In meinem Leben gibt es nur Gott
In meinem Herzen ist nur Platz für Gott
Segen dem Lichte Mohammeds
Es gibt nichts, was ist, außer Gott


Anmerkung:
Wir verwenden diesen traditionellen Sufitext in einem neuen und kritischen Kontext: Er soll mit seiner vorwärtstreibenden Energie die Eroberung von al-Andalus durch kriegerische Berberstämme spürbar machen. Die fundamentalistischen Kriegermönche der Almohaden (ab 1061) und Almoraviden (ab1147) -ursprünglich gerufen um al-Andalus gegen die vordringenden Christenheere zu verteidigen- übernahmen immer größere Herrschaftsbereiche und gingen rigoros gegen die freiheitliche und tolerante Lebensweis ein al- Andlaus vor. So wurde das Wunder von al-Andalus sowohl durch christliche wie durch islamische Fundamentalisten zerstört.

Ich bin ein Zweig – Ibn Abd Rabbihi (Cordóba 860–940)

Ihr nennt die Rebe sündig. Doch ich sag zu ihr: du Schöne!
Füllst meine Augen mit Schatten an – und mit Licht.
Formst stille Töne, in meinem Herzen zum Gedicht.

Stark wie ein Berg, zittre ich wie ein Zweig,
wenn Schönheit mich bestrickt.
Zu Groben bin ich grob,
doch vor Zartem schmelz` ich hin
Und achte nicht darauf, ob es sich schickt

Ich hasse steife Menschen, die sich so korrekt betragen,
nur um die Welt zu tadeln.
Sie sehen die Vögel nicht und nicht die Schmetterlinge,
wissen nicht, wie süß ein Reim erklingt,
wie Klang die ganze Welt durchdringt.

Sie haben nie der Liebe – Lust entdeckt.
Keine Glut hat // ihr Herz zerfetzt
Mein Herz – zarter als des Messers Klinge –
hasst Niedrigkeit, wie es die Schönheit liebt.

Doch immer bin ich ehrlich – bin der ich bin.
Ich bin ein Zweig, der Tau und Blüten trägt,
den leicht die Brise hin und her bewegt.

Nennt ihr den Zweig auch sündig, er lebt!


Ibn Abd Rabbihi

Ibn Abd Rabbihi (Cordóba 860–940) stieg von einem befreiten Sklaven von Hisham I, dem zweiten spanischen Umayyad Emir, zu einem angesehehen Gelehrten auf. Trotz seiner Ausbildung wurde er jedoch mehr ein Briefträger als ein Jurist und fungierte als Hofdichter seit Beginn von Emirs’Abdallāhs (888-912) Herrschaft. Mehr bekannt als seine Poesie ist seine große Anthologie, die al-‘Iqd al-Farīd (die einzigartige Halskette). Trotz seiner Abhängigkeit als Hofdichter spricht aus seinen Gedichten der freiheitliche und erotische Geist von al-Andalus.

Dzaz (trad. Lied der Roma)

Dzaz Cali Famelija

Legra Jenca Dromenca

Dromenca Verjenca

Core Chavenca

Ani Na Dzanav

Kaj Me Merava

Kaj Mro Mochto Rovena

Zusammen gehen wir, wir wissen nicht wohin
Alle von uns gehen
und lassen alles hinter sich zurück
Wir wissen nicht, wohin die Straße uns führt
Wir wissen nicht, was uns erwarten wird.
Wir gehören nirgendwohin – wir weinen


Anmerkung:
Die Ankunft der Gitanos (spanisch für „Zigeuner“) auf ihrem langen Weg von Indien nach Europa um 1490 fiel zusammen mit der Zeit der endgültigen Vertreibung der Moslems und Juden in Spanien. So überkreuzten sich die Wege der Völker und verschmolzen musikalisch im andalusischen Flamenco. Das Beispiel der Roma steht hier stellvertretend für alle ausgegrenzten und vertriebenen Völker, auch für das Schicksal der heutigen geflüchteten Menschen.

Durme, Durme (Sephardisches Wiegenlied)

Durme, durme, querido hijico
durme sin ansia y dolor
cerra tus chicos ojicos
durme, durme con savor.
Cerra tus lindos ojicos
durme, durme con savor.

De la cuna salirás
a la escola tu entrarás
y alli mi-querido hijico
a meldar te ambezarás

Schlafe, schlafe geliebter Sohn
Schlafe ohne Sorge oder Traurigkeit
Schließe deine hellen Augen
Schlafe, schlafe süß

Nach der Krippe
gehst du in die Schule
Und da, mein geliebter Sohn
beginnst du zu lesen


Dieses traditionelle Schlaflied wird in Ladino gesungen, eine jüdische Hybridsprache, die auch als jüdisch-spanisch oder sephardisch bekannt ist. Die sephardischen Juden verbreiteten sich von Spanien nach Marokko (die „westliche Tradition“) und in Teile des osmanischen Reiches („östliche Tradition“) bis in den Balkan und nach Israel. Die Sänger waren traditionell zumeist Frauen, die während der Hausarbeit singen. Viele sephardische Lieder werden in ganz Südeuropa und Nordafrika gesungen und zeigen so den weitverbreiteten Einfluss der jüdischen Diaspora von al-Andalus.

El-Milagro de al-Andalus (Ibn Khafadja)

El Milagro de al-Andalus – Das Wunder von al-Andalus

Nada más bello o andaluces
que vuestras huertas frondosas,
jardines, bosques, rios
y claras fuentes.

Al-Andalus, ihr Leute, ist ein Wunder:
voll Wasser, Schatten, Flüssen, hohen Bäumen.

Edén de los elegidos
es vuestra tierra dichosa
si tuviera que escoger
este viviria.

Der Garten Eden ist bei euch allein;
nie würde andre Heimat ich mir wählen.

No temáis el infierno
ni sus penas espantosas
no entra en el infierno
quien conoció al paraiso

Drum fürchtet nicht die Hölle: niemand kommt
ins Höllenfeuer nach dem Paradies!


Ibn Khafadja

Ibn Khafadja (1058-1139) wird auch „der Gärtner“ genannt und ist einer der berühmtesten Poeten von al-Andalus. Sein besonderes Stilelement ist eine Vermischung von Natur und Eros gepaart mit der Nostalgie verlorener Paradiese. Landschaften werden bei ihm zu Seelenlandschaften, wobei die Natur oft als Frauengestalt erscheint oder mit femininen Attributen versehen wird.

Abal – Brise auf Rosen (Ibn Khafadja)

Sie kam, begehrenswert – wie Rast nach schwerer Reise, wie Schlaf nach  durchwachter Nacht
– wie Stille der Erlösung.

Vom Abend bis zum frühen Morgen – bin ich bei ihr,
wo sie ihrer Brüste Lanzenspitzen auf mich richtet,
wo aus dem Mund ich ihr – die Margeriten sauge
und ihres Leibes schlanke Gerte – zu mir hinab beuge!

Sie wiegt ihre Hüften, und ich bitte sie zu pflücken
die Blüte des Verlangens, der Vereinigung Frucht.
Doch sie entzieht sich mir, biegt und windet sich,
wie der Myrtenbaum im Wind sich wiegt.
Was in ihr an Tränen war, bricht aus ihr heraus,
so wie aus trockenem Stein reines Wasser quillt.

Ich sehe sie aus ihrem Kleide gleiten
wie aus seiner Scheide das Schwert sich schält.
Wie süß zu tasten ist ihr schlanker, gerader Leib;
es beben ihre Flanken wie die Klinge federt.
Mein Kuss flieht von den Wangen hin zum Mund
ein klarer Trunk ist besser noch,
als eine Brise von Rosen!
Ihr Antlitz küsse ich in des Glückes Sonnenaufgang.

Wenn sie nicht selbst die Sonne war,
dann war sie ihre Schwester
– wie aus einem Stoff gewoben.


Ibn Khafadja

Ibn Khafadja (1058-1139) wird auch „der Gärtner“ genannt und ist einer der berühmtesten Poeten von al-Andalus. Sein besonderes Stilelement ist eine Vermischung von Natur und Eros gepaart mit der Nostalgie verlorener Paradiese. Landschaften werden bei ihm zu Seelenlandschaften, wobei die Natur oft als Frauengestalt erscheint oder mit femininen Attributen versehen wird.

 

Tanto amare

Das älteste überlieferte Liebesgedicht in Alt-Spanisch aus al-Andalus – geschrieben vom hebräischen DichterYosef ibn Caprel, Cordoba etwa 1000-1060

 

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