Bazar andalus

Monat: Oktober 2017

Feedback von Besuchern

Das Konzert hat mich tief beeindruckt. Es war wie eine Reise in ein farbenreiches, unbekanntes Land. Ein Land, das mein Verstand nicht versteht, aber meine Seele zum Klingen bringt. Es ist unglaublich wie viel sich über die Gesänge und das Spiel der verschiedensten Instrumente mitteilt. Ich würde sagen, dass es immer die Liebe ist die aus den Liedern spricht. Die spirituelle Liebe zu einem Lehrer, die Liebe im Angesicht des Geliebten, die sinnlich-erotische Liebe, die Liebe aus der Ferne, die Liebe zum Tanz der Blätter im Wind, die Liebe die den Frieden der Völker herbeisehnt. Ich bin dankbar für den Mut der Musiker all dieser Liebe auf so kraftvolle und differenzierte Weise Ausdruck zu verleihen. Für mich ist diese Art der Musik Seelennahrung. Ein Fest des Lebens.

Julia Strehler

 

Sehr berührend – die MusikerInnen, der Gesang, das Zusammenspiel. Die Freude und Innigkeit, die ihr ausstrahlt, überträgt sich. Sehr sinnlich das ganze! An manchen Stellen hätte ich nur zu gerne getanzt! Die Thematik von al-Andalus als Schmelztiegel der Religionen mit so viel Freiheit beeindruckt mich, auch, weil so unbekannt. Unglaublich! Die Mischung aus Tiefgang, Traurigkeit, Kraft und Sinnlichkeit gepaart mit Leichtigkeit und Humor war sowas von gelungen!

Verena Dörbaum

 

Ich hab mal bei Euch reingestöbert in Eure neue Website – sehr sehr ansprechend ist sie geworden. Tolle Texte, einfach tolle Musik. Und natürlich eine wunderbare “Botschaft”, die Ihr/Du mit bazar andalus in die Welt bringt – Frieden zwischen den Religionen, Gemeinschaft mit viel Toleranz und Wahrhaftigkeit… Freude am interkulturellen Miteinander … schön über Jahrhunderte vorgelebt.
Marascha Heisig

Die Stimme von Esmail hat mein Herz berührt. Ich habe eine Rückreise zu meinen Reisen gemacht, wie eine Traumreise. Das ging ganz tief in meinen Körper. Ich habe ganz viel Liebe und Licht in mir gespürt, das hat eure Musik in mir ausgelöst. Ich fühle mich sehr angekommen, wohl und heimisch, wenn ihr spielt. Danke für diese Reise.

Mona

 

Danke für den schönen Abend gestern!! Eure besonderen Instrumente und eure SpielKunst waren wieder umwerfend. Die Liedauswahl ist betörend. Ganz, ganz schön, dass ihr mir solche Musik in mein Herz tragt …so muss ich derlei Auslebung von Liebe nicht entbehren. DANKE !!
Alma Barbara Fichtner


Immer wieder schön, wenn Männer gemeinsam singen – vom Frieden der Welt. Das tut mir als Frau besonders gut.
Angela Maria


Hallo liebe Band,
Ich hatte das grosse Glück eurer Konzert während meines Aufenthaltes in der Caduceus -Klinik geniessen zu können. Und ich höre eure Lieder immer noch sehr sehr gerne entweder über die CD , die ich dort kaufte oder eure Videos bei YouTube. Gerne würde ich wieder zu einem Konzert kommen. Wann geht ihr wieder auf Tour? Eure Musik geht mir direkt in Herz und etwas ärgert mich meine Faulheit, das ich nicht schon letztes Jahr zum Konzert gekommen war. Bitte Macht weiter so tolle Musik.
Salam
Tina


Mit der Musik ist mein Herz aufgegangen.
Mara Hiesl


Schon die Instrumente sind eine Augenweide. Als Esmail Saedi anfängt zu singen, bleibt für mich die Zeit stehen. Sie geht sogar rückwärts. Ich schließe die Augen und tauche in ein unbekanntes fernes, schönes Land ein.
Ich hoffe, es gibt bald eine CD oder eine MP3 zum nachhören 🙂
Herzlichen Gruß,
Anja


Nur ein Lied – eine kleine Schöpfungsgeschichte

Über den ko-kreativen musikalischen Prozess beim Symposium Convivencia

Mitten in der Arbeit an unserem neuen Lied, frage ich mich: Ist das noch interkulturell („jedem das seine“) oder schon transkulturell („die gemeinsame Vielfalt“)? Auf jeden Fall fühlte es sich transpersonal an, also schmerzhaft, erweiternd und schön, wie wir 4 Musiker da miteinander ringen um ein Lied. Es war ein Akt der persönlichen Grenzüberschreitung, denn wir bekamen dabei die Grenzen unserer Egos, unserer Kulturen, unseres Können, unserer Kommunikation zu spüren.

Es handelte sich also um ko-kreatives Musikschaffen. Um transzendierende Musik. So intensiv hatten wir noch nicht zusammen gearbeitet.

Alles fing an mit einem Gedicht von Maulana Rumi, dem berühmten Sufidichter, das unser kurdischer Sänger Esmail eines abends am Lagerfeuer gesungen hatte. Obwohl er es schlicht zur Gitarre gesungen hatte, trug es mich davon und ich hörte darin einen versteckten Trancerhythmus, der uns zu anderen Ufern bringen könnte.

Dann kam die gemeinsame Symposiumswoche und wir würden endlich Zeit haben, an dem Lied zu arbeiten. Während ich auf der Suche nach schweren Bassgrooves und sphärischen Klängen das Lied vorantreibe wird Esmail immer blasser und kränker. Er hat Durchfall. Doch es ist mehr dahinter. Am nächsten Tag kommt er in der Pause zu mir und sagt: „ Ich habe eine wichtige Sache…sehr wichtige Sache. Wir dürfen das Stück nicht spielen!“ Ich erkenne sofort den Ernst seiner Aussage. Sie ist ultimativ.

„Aber warum dürfen wir das Sück nicht spielen?“

„Es ist von Hosain Alizade! Mohamad Reza Shajaryan singt es, er ist der größte Sänger im Iran, der beste von der Welt! Alle meine Freunde lachen mich aus, wenn wir es so spielen. Wir müssen es so spielen wie er. Aber wir können es nicht so spielen wie er. Er ist ein sehr großer Mann!“

Es geht also um ein unantastbares Heiligtum.

Offensichtlich stößt hier mein Hippieverständnis vom free flow und anything goes auf ein traditionelles Musikverständnis. Der Schüler steht unter dem Meister. Und er strebt danach ihm ebenbürtig zu sein oder ihn irgendwann zu übertreffen. Das Urteil darüber trifft der Meister. Seine Interpretation darf nicht verändert werden. Erst wenn der Schüler dieses Niveau erreicht hat, darf er sich – mit seinem Einverständnis – zeigen. Ein schlechterer Musiker würde auch nie gemeinsam mit einem besseren Musiker zusammen improvisieren. Er sitzt daneben und hört zu.

Jetzt höre ich zu und überlege.

Dann frage ich Esmail: „Und wenn du selbst ein Stück schreibst? Können wir dann damit arbeiten, können wir es verändern?“

Esmails Gesichtszüge klaren auf: „Ja, klar!“

„Und? Schreibst du eines?“

„Ja,…heute Nacht!“

Am nächsten Morgen ein strahlender, müder Esmail.

Er hat ein wunderschönes Stück geschrieben. Zu einem der vielen Rumigedichte, die er auswendig kennt. Doch es klingt anders, als ich es mir vorgestellt habe. Er spielt es mir auf der Gitarre vor – und ich vermisse darin den groove, die Mystik. Es klingt eben wie Esmail zur Gitarre…

Aber er hatte ja versprochen, wir dürfen es verändern. Wo sind da die Grenzen? Die Grenzen der verschiedenen Kulturen? Der Respekt vor seiner Person und seiner Komposition? Die Grenzen der Möglichkeiten des Liedes? Meiner eigenen Fähigkeit, meine innere Musik zu kommunizieren?

Wir beginnen miteinander zu arbeiten. Wolfgang und Dietmar nehmen die Harmonien des Stückes auseinander, basteln an Akkorden und Taktmaßen. Esmail sitzt daneben. Ich auch. Wir probieren es zu spielen…es klingt uninspiriert. Ich suche die Stimmung, die anderen die Form, Esmail sucht sein Lied. Wo ist die Melodie geblieben? Ich sage immer wieder. „Wo ist der Spirit, so bleiben wir Gefangene des Liedes! Die Musik muss sich ganz weit öffnen, einfach werden, eine stille Trance entfalten…“. Wir geraten aneinander, Esmail wird still und geht rauchen.

Das große (Menschheits-) Rätsel: Wieviele Kulturen treffen hier aufeinander? Wir sprechen Deutsch, werden immer schneller, Ismael versteht nichts mehr. Wolfgang, Dietmar und ich verstehen uns aber auch nicht. Jeder Einzelne ist eine eigene Welt. Die westliche Musiktheorie ist eine Welt. Die traditionelle persische auch. Meine Welt ist musikalische Naivität, ich höre nur einen fernen Klang. Welche Sprache kann uns verbinden? Jeder will gehört werden und spricht gleichzeitig auf den anderen ein. Ich frage mich: Wie spreche ich, in welchem Moment? Wer fühlt sich gerade zurückgesetzt? Spreche ich aus meinem Ego oder bin ich Träger der Verbindung?

Zaghaft beginnen wir zu spielen. Ist das hier schon Musik oder noch Streit?

Doch wir arbeiten jetzt miteinander, knietief stehen wir in dem Lied, wir schuften wie die Bergarbeiter, um seinen Schatz zu heben. Und so langsam kehrt die Freude zurück, ein Leuchten am Horizont. Der Groove beginnt zu tragen, die Nerven sich zu beruhigen. Unsere Kulturen schwappen hin und her über ihre Grenzen, unsere Egos surfen auf den Wellen einem neuen Ufer entgegen.

Und siehe da: Das Lied trägt. Wir sind glücklich. Esmail ist glücklich. Rumi hoffentlich auch.

Der neue sound der Freiheit.

Das gelobte Land ist immer Neuland.

Doch wir erkennen es wieder, wir kennen es aus unserer Sehnsucht.

Nur gemeinsam können wir es betreten, sonst bleibt es verschlossen.

Seine Zutaten sind uralt.

Gewürze von überall her. Dazu das Salz des Menschseins.

Die unsichtbaren Tore öffnen sich, wir tasten uns voran.

Unsere Ohren offen wie zarte Blumen. Unsere Hände wie Fühler ausgestreckt.

Damit wir uns bei der Suche nach Heimat nicht verletzen.

Damit wir alle dort Heimat finden.

Man ghohame ghamram/ Sklave des Mondes (Text: Rumi, Musik: Esmail Saedi)

Ich bin ein Sklave des Mondes.
So sprich zu mir von nichts anderem als vom Mond.
Sprich zu mir von nichts anderem als von seinem Schein und seiner Süße.

Spreche nicht von Leid, sondern nur von Gaben.
Und wenn du von diesen nichts weißt, so sage nichts.

Letzte Nacht wurde ich wahnsinnig.
Die Liebe kam zu mir und sagte: Ich bin hier!
Schreie nicht! Wüte nicht! Sage nichts.

Ich sprach: Oh Liebe, dort ist etwas, das ich fürchte!
– Dort ist nichts! Sage nichts.

Ich sprach: Ist dieses Gesicht das Gesicht eines Engels oder eines Menschen?
– Es ist weder das Gesicht eines Engels noch das Gesicht eines Menschen.
Es ist das Gesicht von etwas anderem… doch sage nichts.

 

Was bedeutet: Bazar andalus verbindet Kulturen?

Musik ist eine universale Sprache, und Feindschaft gehört nicht zu ihrem Wortschatz.« Daniel Barenboim, Begründer des West-Eastern Divan Orchestra

Immer wieder diskutieren wir bei Bazar andalus über unser Verhältnis zum Islam. Vor allem mit unserem Sänger Esmail Saedi, der vor den herrschenden Islamisten im Iran fliehen musste. Sein Fehler: Er hatte ein kritisches Lied gesungen. Esmail lehnt daher den Islam und jede Religion ab.

Was aber bedeutet es dann, wenn wir von Allah singen? Oder wenn auf unserer Startseite ein Kalligrafie mit dem Namen Allahs erscheint? Sind wir damit dann Moslems? Ist es ein Bekenntnis? Für Esmail ist es so. Für uns nicht. Als er das erste Mal mit uns „La ilaha illallah“ (traditionelle Deutung im Islam: Es gibt keinen Gott außer Allah) gesungen hatte, musste er drei Tage lang danach lachen: Drei Deutsche singen in der christlichen Kirche zu Allah, vor dem er geflohen war! Wo war er gelandet? Doch in unseren westlichen spirituellen Kreisen bedeutet dieser Gesang kein Bekenntnis zu Allah. Für viele noch nicht einmal zu Gott. Für mich ist es eine Energie, die mich anzieht, eine Hingabe an etwas Unbekanntes. Damit besteht eine Nähe zu der pantheistischen, unabhängigen Grundhaltung der Sufis, die bei ihren ekstatischen Dikr-Zeremonien singen:

„Es gibt keinen Gott außer IHM“ (lā ilāha illā Hū)

oder auch

„Es gibt nichts, sondern nur die Einzigkeit.“

Wir treffen uns mit Bazar andalus also in der Mystik und in der Musik, die jenseits von Glauben und Gottesbildern eine direkte Erfahrung der spirituellen Verbindung sucht. Diese Mystiker gibt es in vielen Religionen, im Christentum sind es Meister Eckart, Franz von Assisi, Hildegard von Bingen, Johannes von Kreuz und andere. Viele wurden als Ketzer von der Kirche angegriffen und auch hingerichtet. So auch im Islam, der sich immer wieder gegen die Sufis als islamische Mystiker richtet. Der Sufi Al-Halladsch (gest. 922) beispielsweise wurde hingerichtet als er voller Verzückung sagte „Ana’l-haqq! – Ich bin Gott!“. Er soll beim Anblick seines Henkers gerufen haben: „Oh mein Gott, Oh mein Gott, Du kannst mich nicht täuschen, Du kannst mich nicht täuschen! Selbst in meinem Henker erkenne ich Dich, denn ich habe Dich längst erkannt!“ 

Bei den Sufis wird Mystik manchmal mit einem Fluss verglichen, der als Quelle im Gebirge entspringt und später dann als Fluss die verschiedensten Länder durcheilt. Jedes Land, das er durchquert, beansprucht ihn für sich. Jedes Land gibt ihm seinen eigenen Namen. Aber in Wirklichkeit ist es nur ein Fluss. Durch welches Land und welche Landschaft er gerade fließt, es ist immer derselbe Fluss. So ist es auch mit der mystischen Erfahrung. Wahrheit kann man nicht besitzen, genauso wenig wie man einen Fluss besitzen kann. Man kann nur in ihn hineingleiten und sich ihm hingeben. Man kann an der Erfahrung teilhaben.

Ich habe versucht diese freie Haltung der Teilhabe ohne Bekenntnis und Anhaftung in folgende Worte zu fassen.

Unsere Idee von Convivencia – der Kunst des Zusammenlebens

Wir spielen arabische Instrumente und singen von Allah, wir singen auch christliche Gesänge und hebräische Lieder und rezitieren den großen Sufipoeten Rumi – aber wir gehören keiner Religion an, teilen keinen Glauben und suchen nach keinem alleinigen Gott. Wir singen auf kurdisch, persisch , arabisch, sephardisch, spanisch und deutsch- doch diese Sprachen und Kulturen sind für uns nur Wege der Erkenntnis der „göttlichen Vielfalt“. Wir respektieren die Menschen aller Religionen- aber das heißt nicht, dass wir ihre Religionen unkritisch übernehmen.

Toleranz darf nicht blind machen und den Dialog scheuen. Es geht uns um jeden einzelnen Menschen, nicht um seine Einordnung in Kollektive.

Der Satz „Bazar andalus verbindet Kulturen“ heißt für uns, dass wir in eine persönliche Verbindung über Grenzen hinweg treten. Nicht das wir diese Grenzen leugnen. Das gilt für Deutsche ebenso wie für Geflüchtete. Unsere Idee ist weder das unverbundene Nebeneinander von Multikulti noch eine imaginäre deutsche Leitkultur. Mit unserer Musik und Poesie möchten wir eine gemeinsame Spiritualität der Menschenrechte in Schönheit erlebbar machen, auch eine Freude wecken an ihren vielfältigen Farben, Klängen und Ausdrucksformen. Religionen und Traditionen können diesen gemeinsamen Weg behindern – und sie können auch eine Vorbereitung dafür sein.

So wie es der Dalai Lama in seinem Appell an die Welt formuliert hat:

„Seit Jahrtausenden wird Gewalt im Namen von Religionen eingesetzt und gerechtfertigt…Deshalb sage ich, dass wir im 21. Jahrhundert eine neue Ethik jenseits aller Religionen brauchen. Ich spreche von einer säkularen Ethik, die auch für über eine Milliarde Atheisten und für zunehmend mehr Agnostiker hilfreich und brauchbar ist.

Wesentlicher als Religion ist unsere elementare menschliche Spiritualität. Das ist eine in uns Menschen angelegte Neigung zur Liebe, Güte und Zuneigung – unabhängig davon, welcher Religion wir angehören.“

 

Oder wie es der Sufipoet Ibn Arabi aus al-Andalus sagte:

„Meine Religion ist die Liebe. Wo die Karawane auch hinziehen mag, ist Liebe meine Religion.“

Es geht darum, dass wir Menschen werden, jenseits unserer Zugehörigkeiten und Unterschiede. Vielleicht tanzen ja ein schwuler AFD- Sympathiesant (ja, die gibt es), ein Linker (sagen wir mal ein spirituell angehauchter) und eine konservative Moslema (Kopftuch, große Kajalaugen, Highheels) auf einem unserer Konzerten aus Versehen miteinander. Oder sie lächeln das gleiche Lächeln an einer Stelle im Gedicht.

Sie würden sich nicht kennen und hätten genau dadurch die Chance sich als potentielle Freunde zu erkennen.

Dann hätten wir mit Convivencia einen guten Job gemacht!

»Ich kenne keine Feinde. Es gibt nur Menschen, die ich noch nicht kennengelernt habe«
Dalai Lama

 

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